Aufschwung für klinische Studien? Bayerische Zentren einigen sich auf Mustervertrag

Die sieben pharmazeutischen Unternehmen Novartis, MSD, Servier, Ipsen, Amgen, BMS und Roche haben mit dem Bayerischen Zentrum für Krebsforschung (BZKF) einschließlich aller sechs bayerischen Universitätsklinika ein einheitliches Vertragsmuster für klinische Studien in der Onkologie vereinbart. Ziel des abgestimmten Vertragsmusters sind schnellere Verfahren, um im Wettbewerb der internationalen Studienzentren mithalten zu können.

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Was in einer Mitteilung der Clusterorganisation BioM eher lapidar und kurz abgehandelt wurde, könnte sich als echter Durchbruch für den Klinikstandort Bayern mit seinen sechs Universitätsklinika herausstellen – zumindest in der Onkologie – und vielleicht Beispielcharakter für ganz Deutschland entfalten.

Doch die Bemühungen um schnellere Verfahren zum Aufsetzen von klinischen Studien hätten auch ein weiteres Mal im Sande verlaufen können. Wie dies bei der ersten Gründung eines "bayerischen klinischen Studienzentrums" passierte, das vor gut 15 Jahren nicht über die Pressemeldung des bayerischen Wirtschaftsministeriums hinaus an Bedeutung gewann und ähnlich wie ein weiterer Versuch eines "Clinical Trial Centers" aus dem Münchner Spitzencluster-Programm m4 heraus daran krankte, dass sich insbesondere die Münchner Unikliniken als Zentrum sahen, was die anderen bayerischen Standorte mit der Verweigerung der Zusammenarbeit quittierten.

Weitere Jahre zogen ins Land und die vielfältigen Initiativen sahen etwa einen "round table" der klinischen Forschung innerhalb des bayerischen Pharmagipfels. Interessanteste Erkenntnis dieser Rundtischgespräche war, dass dort immerhin erstmals miteinander statt übereinander geredet wurde und überhaupt für die Perspektiven der verschiedenen Akteure ein Basisverständnis geschaffen werden konnte. Hier fanden auch durchaus energische Diskussionen um einzelne Punkte einer Rahmenvertragsgestaltung statt, die nun nach weiteren Jahren offenbar zu einem grundlegenden Konsenspapier zusammengeführt werden konnten.

Hierbei kam den Firmenvertretern von Novartis, MSD, Servier, Ipsen, Amgen, BMS und Roche wohl zugute, dass mit dem Bayerischen Zentrum für Krebsforschung (BZKF) für diese Indikation eine neue bayernweite staatliche Einrichtung in die Verhandlungen eintrat und die Onkologie zudem als offensichtliches Handlungsfeld jedermann einfach zu erläutern ist.

Über den Mustervertrag und seine Muster-Gültigkeit für andere Indikationen oder gar eine deutschlandweite Nutzung sprach |transkript.de mit dem Experten Martin Krauss, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands der Medizinischen Auftragsinstitute (BVMA) und Geschäftsführer der FGK Clinical Research GmbH.

|tk: Ist der bayerische Mustervertrag der onkologischen Klinikzentren ein „großer Wurf“?

Martin Krauss: Prinzipiell ist es das erste Mal, dass sich Sponsoren und Kliniken auf ein „verbindliches“ Vertragstemplate einigen. Wenn ein Sponsor das so benutzt, dann akzeptieren dies alle sechs onkologischen Kliniken in Bayern.

|tk: Aber bildet das nicht nur einen sehr generellen Rahmen, der dann wieder in langwierigen, komplizierten Einzelverhandlungen zu konkretisieren ist?

Martin Krauss: Insgesamt ist dies ein leicht lesbarer Vertragstext, der ausgewogen ist und sich an vielen Stellen auf das Wesentliche beschränkt. Von der Seite her ist es auf jeden Fall ein Durchbruch, der nun genutzt werden muss, um auf nationaler Ebene eine gewisse Verbindlichkeit bei den Verträgen hinzubekommen. Aus meiner Sicht ein wichtiger psychologischer Moment, der allen Interessensvertretern zeigt, dass es geht, wenn alle wollen.

|tk: Bisher verhakten sich die Verhandlungsrunden oft bei der Overhead-Pauschale oder den eventuell auftretenden patentrechtlich relevanten Erkenntnissen (IP) aus einer klinischen Studie. Die Rechtsabteilungen der Kliniken waren hier immer übervorsichtig und nicht verhandlungsbereit. Ist das nun überwunden?

Martin Krauss: IP in Hinsicht Prüfpräparat war nie ein Problem, eher die Klärung der Vertragspassage zum Arbeitnehmererfindungsgesetz. Nachdem über so viele Jahre zahlreiche Anläufe teilweise an letzten Winzigkeiten gescheitert sind, haben sich die Schlüsselverantwortlichen dieser aktuellen Verhandlungen nicht vom Ziel abbringen lassen, eine Lösung zu finden. Das ist vielleicht das Bemerkenswerteste an diesem Mustervertrag, der hoffentlich Schule machen wird.

|tk: Vielen Dank

Das Vertragsmuster kann hier eingesehen werden: Einheitliches Vertragsmuster für klinische Studien in der Onkologie

Auf der Internetseite des BZKF finden sich weitere Informationen.

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